Dr. Heinrich Schmelzer


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Ernährung

 Ballaststoffe

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Ballaststoffe

Für seine natürliche Tätigkeit, den Transport des Speisebreis auf raschem Weg und eine mühelose Entleerung ohne Pressen, ist der Darm auf genügend Ballaststoffe (ca 30 g täglich) in Verbindung mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr angewiesen.

Ballaststoffe sind  Mehrfachzuckerverbindungen (Polysaccharide), die vornehmlich aus Fasern sowie Schalen- und Zellwänden unverdaut in den Dickdarm gelangen. Dort erhöhen sie das Stuhlvolumen. Ein hohes Stuhlvolumen ist notwendig, um die Darmwand ausreichend zu dehnen, damit die darauf folgenden reflektorischen Kontraktionen den Darminhalt weitertreiben (Peristaltik). Außerdem sorgen Ballaststoffe für ein ausreichend hohes Stuhlgewicht, das in der Lage ist, den Entleerungsvorgang auf natürlichem Weg zu triggern (Kontinenzorgan).

Wasserlösliche Ballaststoffe (Pektine, Inulin, bestimmte Hemizellulosen), vornehmlich in Obst (Äpfel) und Gemüse (Möhren), vergrößern das Stuhlvolumen durch ihre enorme Wasserbin- dungskapazität (Quellstoffe). Der Stuhl wird weich und geschmeidig. Gleichzeitig werden sie von den Milchsäurebakterien (Bifidobakterien) des Darms gespalten (abgebaut), wobei die Spaltprodukte diesen als Futter dienen, was wiederum ihre Vermehrung anregt: etwa 60% des Stuhlvolumens machen abgestorbene Bakterienkörper aus.

Wasserunlösliche Ballaststoffe (Lignin, Zellulose, Hemizellulose), vornehmlich in Getreide und Hülsenfrüchten, aber auch in Nüssen, Mandeln, Schokolade und Kakao, können kaum abgebaut werden und haben eine geringere Wasserbindungskapazität. Sie sorgen mit ihrer Masse für ein hohes Stuhlgewicht, das notwendig ist, um bei der Entleerung den Öffnungsreflex des Afters auszulösen.

Ein Zuviel dieser Ballaststoffe kann jedoch leicht zu harten Stühlen führen, sofern nicht gleichzeitig ausreichend viel getrunken wird.

Kartoffeln, Reis, Mais, Hirse, Karotten, Auberginen, Spargel, Zucchini, Avocado, Rosenkohl, Blumenkohl, Kohlrabi, Schwarzwurzeln, Bohnen sind hervorragende Ballaststoffträger. Unter dem Obst stechen besonders Orangen, Äpfel, Bananen und Erdbeeren hervor. Salat ein- schließlich Tomaten, Gurken und Paprika hat nur wenig Ballaststoffe, abgesehen von Chiccorée. Fleisch und Fisch, Gebäck, Kuchen und Käse haben so gut wie keine.

Der Griff zur Vollkornsemmel oder dem Roggenknäckebrot, oder das Müsli mit Hafer, Cornflakes, Nüssen und Früchten sorgen schon in der Früh für eine gute Ballaststoffauf- nahme. Trockenobst, vor allem Aprikosen  und Datteln eignen sich, einem Defizit vorzu- beugen. Auch das „ Studentenfutter“ ist reich an Ballaststoffen (Achtung Flüssigkeit!).

Obstipationsattacken treten gerne während des muslimischen Ramadan auf. Nach 22 Uhr sollte in dieser Zeit der Ballaststoffmangel gezielt ausgeglichen werden.

Wundern Sie sich nicht, wenn Sie bei der Umstellung der Ernährung vermehrten Windabgang feststellen. Beim Abbau von Ballaststoffen durch die Darmbakterien entstehen unter anderem Gase wie CO2 und Methan.

Flüssigkeit

Um zu quellen, brauchen Ballaststoffe ausreichend Flüssigkeit. Andernfalls kommt es zu trockenen harten Stühlen.

Während lösliche Ballaststoffe aus Obst und Gemüse schon relativ viel Wasser „mitbringen“ und binden können, ist vor allem bei wasserunlöslichen Ballaststoffen  aus Getreide, Nüssen , Mandeln(!), Kakao und Schokolade darauf zu achten, gleichzeitig genug zu trinken (Zartbitter – Schokolade hat einen etwa 4x höheren Ballaststoffanteil als Vollmilchschokolade). Das Gleiche gilt für Kleie (die gern zur Vorbeugung einer Obstipation eingesetzt wird), da sonst der gegenteilige Effekt eintritt. Besser sind Flohsamenschalen, die wasserlösliche Ballaststoffe enthalten.

Obstipation im Kindesalter, nicht selten mit Aftereinrissen, ist häufig Folge übermäßigen Kakaokonsums, ohne gleichzeitig genügend andere Flüssigkeit zu sich zu nehmen.

Im schwarzen Tee und im Rotwein ist es das Tannin, ein Gerbstoff, das durch Inaktivierung von Proteinen, die den Wasserhaushalt regulieren, zu einer Eindickung  des Stuhls führen kann. Daher gehört zu jedem Rotwein ein Glas Wasser, ebenso wie zu einem Kaffee. Andererseits wird das Tannin im Tee gern genützt, Durchfälle zu bekämpfen.

Reines Wasser, ohne oder mit wenig Kohlensäure, Schorle, möglichst ungesüßter Fenchel- und Brennesseltee, grüner Tee oder Tee aus Früchten und auch ein Radler sind die besten Flüssigkeitsspender. Limos und Cola sollte man vermeiden. 2 -2 ½ l täglich sollten das Minimum sein und die Wasserflasche am Arbeitsplatz oder in der S-Bahn Routine. Körperliche, aber auch geistige Anstrengung, Klimaanlage, vermehrtes Schwitzen und hohe Außentemperaturen können den Bedarf auf 3-4 l am Tag hochschrauben.

Die Erfahrung zeigt, dass vor allem, wenn der Sommer unvermittelt und mit hohen Temperaturen einsetzt, es zu einem Anstieg von Analvenenthrombosen kommt, vor allem bei jungen Menschen. Der noch nicht angeglichene Flüssigkeitsbedarf führt zu harten Stühlen, die nur mit Pressen abgesetzt werden können, was Auslöser für das Verstopfen und Platzen einer Vene am Analrand sein kann.

In den letzten Jahren, in denen sich herumgesprochen hat, wie wichtig Ballaststoffe sind, hat sich gezeigt, dass in vielen Fällen von Obstipation eher ein Flüssigkeitsmangel die Ursache ist als ein Mangel an Ballaststoffen, vor allem, wenn mit Leinsamen oder Kleie nachgeholfen wird. Denn im Grunde gibt es keine Nahrungsquellen, die „ stopfen“, es gibt nur Nahrungsmittel mit sehr hohem Ballaststoffanteil, die eine Flüssigkeitsaufnahme bedingen, die uns überfordert.

Reizstoffe

Röststoffe und Süßes fördern die Peristaltik des Darms und die Entleerung. Daher empfehlen sich am Morgen ein Spiegelei mit Speck, eine Roggensemmel mit Marmelade (Roggen hat einen weitaus höheren Ballaststoffgehalt als Weizen), Früchte im Müsli und dazu 1-2 Tassen Kaffee (Coffein regt die Peristaltik an). Gegrilltes, Geschmortes, Gebratenes, gerösteter Speck im Salat oder geröstete Semmelbrösel am Rosenkohl oder Broccoli oder in zerlassener Butter haben den gleichen Effekt. Auch der süße Nachtisch nach einer vollen Mahlzeit macht Sinn, ebenso wie der Orangensaft  oder Sekt zum Frühstück.

Bewegung

Natürliche Bewegung, Joggen, schnelles Gehen, Radeln, Gymnastik fördern die Darmtätigkeit und beugen einer Verstopfung vor. Daher ist vor allem bei erzwungener Bettlägerigkeit auf eine gute Ballaststoffaufnahme, vor allem in Form von Gemüse und genügend Flüssigkeit zu achten. Auch konzentrierte Leistung am Arbeitsplatz stellt den Darm ruhig. Hier empfiehlt es sich, Pausen einzulegen, in denen der Körper gedehnt, gestreckt und auf eine Art und Weise, die möglich und angemessen ist, bewegt wird. Das Gleiche gilt für Langstreckenflüge.

Allgemeine Vorteile ballaststoffreicher Ernährung – mediterrane Kost

Ballaststoffreiche Ernährung hat neben Ihrer positiven Wirkung auf die Darmfunktion eine reiche Palette von Vorteilen, so dass sie heute als mediterrane bild-vorsorge-ernaehrungKostform propagiert wird und nachdrücklich empfohlen werden kann.Ballaststoffe in der Nahrung gewähren einen raschen Transport des Speisebreis und eine zügige Entleerung ohne zu Pressen. Damit wird einer Bildung und Aufnahme toxischer, teilweise krebserregender  Substanzen und der Entstehung  von Krankheiten des Becken- bodens (Obstruktive Entleerungsstörung), insbeson- dere von Hämorrhoiden vorgebeugt.

Es gilt als erwiesen, dass es unter ballaststoffreicher Ernährung weniger zur Ausbildung von Divertikeln (Divertikulose) kommt. Durch konstante Dehnung des Darmrohrs wird verhindert, dass die Darmwand- spannung steigt und sich in einer Bildung von Ausstülpungen entlädt. Und Menschen, die sich ballaststoffreich ernähren, scheinen weniger Gefahr zu laufen, an Darmkrebs zu erkranken. Daneben haben Ballaststoffe einen regulierenden Effekt auf den Blutzuckerspiegel. Einerseits behindern sie die Resorption von Glucose, indem Sie eine Art  „Schmierfilm“ auf die Darm- wände legen, andererseits hemmen sie das Enzym, das die Zuckerverbindungen spaltet. Dazu kommt, dass ein Teil der Spaltprodukte in kurzkettige Fettsäuren umgewandelt wird anstatt in Glucose. Durch die Verzögerung der Zuckerresorption wird die Bauchspeicheldrüse entlastet, da sie nicht so viel Insulin ausschütten muss, um den Blutzuckerspiegel konstant zu halten.

Neben Schwermetallen binden Ballaststoffe auch Cholesterin und Gallensäuren, die unverzichtbar für die Fettverdauung sind. Da diese so verloren gehen (normalerweise findet durch Rückresorption ein „ Recycling“ statt), ist die Leber angehalten nach zu synthetisieren, wozu sie das Cholesterin als Vorstufe braucht, was folglich den Cholesterinspiegel senkt, insbesondere das „ böse“ Cholesterin (LDL). Das Risiko für cholesterinhaltige Gallensteine, Arteriosklerose und Myokardinfarkt sinkt.

Durch die Vermehrung der Milchsäurebakterien (Bifidobakterien) wird dem Darm das beim Eiweißabbau anfallenden Zellgift Ammoniak entzogen, da diese es selbst als Baustoff benötigen. Die Leber wird so entlastet. Gleichzeitig regen die Bakterien die Immunzellen in der Darmwand an, Antikörper zu bilden, die als Schutz gegen Allergien und Infektionen aller Schleimhäute des Körpers wichtig sind.

Die beim Abbau der löslichen Ballaststoffe entstehenden kurzkettigen Fettsäuren wie Milch-, Butter- oder Essigsäure säuern das Darmmilieu an. So haben Fäulnisbakterien keine Chance und Mineralstoffe werden besser resorbiert.
Doch nicht nur das, das saure Milieu deaktiviert ein Enzym, das primäre Gallensäuren in sekundäre Gallensäuren umwandelt, die als Tumorpromotoren gelten, also Substanzen, die die Möglichkeit eines Auftretens von Krebs bei Kontakt mit karzinogenen Substanzen erhöhen.

Schlussendlich bringt mediterrane Kost den Vorteil, ohne große Mühe auf der basischen Seite der Ernährung zu stehen und so eine Übersäuerung des Organismus mit all seinen Folgen zu vermeiden. ( Mehr dazu: http://www.zentrum-der-gesundheit.de/basische-ernaehrung-2.html).

Im Folgenden finden Sie zwei verschiedene Übersichten zu dem Gehalt von Ballaststoffen einzelner Lebensmittel, das eine Mal wird der Gesamtgehalt angegeben, das andere Mal wird zwischen löslichen und unlöslichen unterschieden.

ballaststoffe-01

Lösliche Ballaststoffe g /100 g, unlösliche Ballaststoffe g/ 100 g

Kidneybohnen 5,1 3,2
Weiße Bohnen 4,1 3,4
Rote Bohnen 3,4 2,6
Kichererbsen 2,8 1,6
Mandel 3,3 6,5
Kokosnüsse 2,1 6,9
Haselnüsse 2,8 4,6
Walnüsse 2,1 2,5
Paranüsse 1,4 5,3
Hafer 4,4 4,9
Vollkornreis 2,9 1,1
Roggen 3,2 10,2
Hirse 1,4 2,5
Kartoffeln 1,3 0,6
Möhren 1,4 1,5
Broccoli 1,3 1,7
Getrocknete Pflaumen 4,9 4,1
Getrocknete Aprikose 4,3 3,7
Getrocknete Feigen 1,9 7,7
Himbeeren 1,0 3,7
Pfirsich 0,9 0,8
Papaya 0,8 1,1
Apfel 1,2 1,1
Heidelbeeren 1,4 3,5
Käse 0 Eier 0 Milch, Milchprodukte 0

 

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